Periodische Signale s können wir in ihre einzelnen Frequenzanteile zerlegen und damit in eine Fourier-Reihe entwickeln. Wie wir in Teil 3 gesehen haben, erhalten wir das Transformations-Paar
,
wobei T die Periodendauer des Signals ist. Von den komplexe Fourier-Koeffizienten gibt es abzählbar unendlich viele, jeweils beim k-fachen der Grundkreisfrequenz
(es gilt
). Für rein reelle Signale brauchen wir die Koeffizienten nur für
berechnen, weil
ist.
In diesem Teil soll es nun speziell um die nicht-periodischen Signale gehen. Wir werden sehen, dass es da auch so ein Transformations-Paar gibt. Abzählbar unendlich viele Koeffizienten reichen dafür aber nicht mehr aus.
Unendlich lange Periodendauer
Wie kommen wir zu nicht-periodischen Signalen? Die Idee ist, dass wir ein Signal mit sehr langer Periodendauer nicht als periodisches Signal erkennen können. Wenn die Periodendauer eine Billion mal so lang wie das Alter des Universums ist, bekommt niemand von uns etwas von dieser Periodizität mit. Unser Signal ist einfach ein kleiner Ausschnitt aus einer Periode.
Wir könnten also ein beliebiges, für uns interessantes Signal nehmen und nach sehr langer Zeit wiederholen, sodass wir von der Wiederholung nichts mehr mitbekommen. Mathematisch bedeutet das, dass wir uns den Grenzwert anschauen müssen. Wie viele Grenzwerte hat der so seine Tücken, wir werden aber relativ unbefangen damit umgehen.
Schauen wir uns die Sache anhand des Signals in Abb. 1 an. Wir beginnen mit einer Periodendauer , wo ein Sinusbogen direkt auf den anderen folgt. Darunter ist das einseitige Spektrum der Fourier-Koeffizienten gezeigt, das wir schon in Teil 3 kennengelernt haben.
Wenn wir die Periodendauer T erhöhen, wandern die einzelnen Sinusbögen auseinander, bis nur noch ein einzelner übrig bleibt. Gleichzeitig kommen die Frequenzen im Spektrum immer näher zusammen, weil Grundfrequenz und Frequenzabstand
gleich
sind.
Weiters fällt auf, dass mit zunehmender Periodendauer die Fourier-Koeffizienten immer kleiner werden. Das liegt daran, dass sich im Großteil unserer Periodendauer signalmäßig nicht viel tut, und das Integral in den Fourier-Koeffizienten daher immer einen endlichen Wert liefert, der aber dann durch die Periodendauer dividiert wird. Im Grenzfall werden die Fourier-Koeffizienten alle Null. Das ist deshalb schlecht, weil es für viele andere interessante Signale auch passiert.
Das Problem ist offenbar die Division durch T. Wenn wir auf die verzichten, schauen wir uns de facto an. Weil die Periodendauer T eine positive Zahl ist, werden nur die Beträge von
multipliziert. Das Ergebnis zeigt Abb. 2.
Hier passiert etwas Interessantes: Nicht nur bleibt das Produkt annähernd konstant, sondern die Werte liegen für alle möglichen Periodendauern auf einer bestimmten Kurve. Diese Kurve bleibt für beliebig große Periodendauern übrig – also auch, wenn unser Signal nur noch ein einzelner Sinusbogen ist.
Für »überlebt« statt unserer Fourier-Koeffizienten
das Produkt
; dieses Produkt ist die Fourier-Transformierte
unseres Signals s.
Weil für der Abstand der Kreisfrequenzen
geht, wird die Fourier-Transformierte
eine Funktion beliebiger reeller Kreisfrequenzen
– dadurch ergeben sich überabzählbar unendlich viele Werte.
Die Fourier-Transformation
In der obigen Formel für die Fourier-Koeffizienten steht der Faktor
, der über alle möglichen Kreisfrequenzen läuft. Im Grenzfall
also über alle reellen Kreisfrequenzen
überhaupt. Damit erhalten wir die Hintransformation
.
Während die Fourier-Koeffizienten dieselbe Einheit wie unser Signal s haben, hat die Fourier-Transformierte
die Einheit unseres Signals mal einer Sekunde.
Die Summe für die Rücktransformation müssen wir uns etwas genauer anschauen. Zunächst erhalten wir mit der Definition unserer Fourier-Transformierten :
weil der Fourier-Koeffizient bei der Kreisfrequenz
ist. Und mit
können wir immer multiplizieren.
Verwenden wir jetzt und daher
, erhalten wir weiter
Für geht diese unendliche Summe in ein Integral über, und wir erhalten das Transformations-Paar
Während für periodische Signale bei der Hintransformation der Faktor aufgetreten ist, steht hier der Faktor
bei der Rücktransformation. Manche Autoren machen Hin- und Rücktransformation symmetrischer, indem sie beide Integrale mit
multiplizieren.
Für ein reelles Signal s gilt weiterhin
,
d.h., im zweiseitigen Spektrum sind die Beträge eine gerade Funktion der Kreisfrequenz (weil
ist), und die Phasen sind eine ungerade Funktion (weil
ist). Für komplexwertige Signale
ist das nicht mehr so einfach.
Sondieren mit beliebigen Frequenzen
In Teil 7 haben wir uns angesehen, wie ein Signal bei verschiedenen Frequenzen »sondiert« wird, um die Fourier-Koeffizienten zu ermitteln. Eine Perioden- oder Messdauer des Signals wurde durch Multiplikation mit mehrfach um den Ursprung verdrillt. Die Fourier-Koeffizienten waren die Mittelwerte
wobei die Abtastzeitpunkte sind.
Hier ist es so ähnlich, aber der Zeiger kann sich mit beliebiger Frequenz drehen (positiv und negativ! – auch wenn die für reelle Signale zusammenhängen). Wenn unser Signal außerhalb des Zeitintervalls gleich 0 ist, können wir die Fourier-Transformierte näherungsweise mit
berechnen, wobei für die Abtastzeitpunkte gilt. Das ist jetzt nicht exakt der Mittelwert (sprich Schwerpunkt) der Kurve, sondern dieser wird noch mit der Signaldauer
multipliziert. Für unser Signal, eine Sinus-Halbwelle von 0 bis 0.5 s, zeigt das Abb. 3.
Im Ergebnis führt das bei Betrag und Phase zu genau den Kurven, die wir auch schon in Abb. 2 gesehen haben.
Periodische Signale und Distributionen
Die Fourier-Transformation ist zwar eine schöne Erweiterung der Fourier-Reihe – blöderweise hat sie aber ein Problem mit periodischen Signalen …
Das Problem ist, wie oben bemerkt, dass die Fourier-Transformierte nicht einfach nur der Schwerpunkt des um den Ursprung verdrillten Signals ist. Das wäre für periodische Funktionen noch kein Problem. Aber wir multiplizieren noch mit der Signaldauer und die ist für periodische Funktionen prinzipiell unendlich.
Abb. 4 zeigt die Situation für einen Sinus mit Eigenfrequenz und der Signaldauer
. D.h., außerhalb des Intervalls
ist unser Signal gleich 0. Von
ausgehend vergrößern wir dann die Signaldauer.
Von der Fourier-Reihe her würden wir einfach einen Fourier-Koeffizienten mit Betrag 1/2 bei erwarten. Tatsächlich passiert etwas anderes. Für zunehmende Signaldauer
konzentriert sich der Betrag der Fourier-Transformierten in einem immer engeren Bereich um
und wird dabei immer größer.
Für wird dieser Peak unendlich dünn und gleichzeitig unendlich groß. Für ein »echtes« Sinus-Signal von
bis
ist die Fourier-Transformierte also überall gleich 0, außer bei
– dort wird ihr Betrag unendlich.
Jetzt ist es für eine Funktion an sich kein Problem an einzelnen Punkten komische Werte zu haben. Aber für die Rücktransformation müssen wir
berechnen, um unseren »normalen« Sinus wiederzubekommen. Nur, wenn praktisch überall gleich 0 ist, gilt das auch für das Produkt mit
. Und wenn wir über eine Funktion integrieren, die fast überall 0 ist, ist auch das Integral gleich 0 – und eben nicht gleich
.
Für die Fourier-Transformierte von periodischen Signalen reichen Funktionen daher nicht aus. Man muss eine noch allgemeinere Klasse von mathematischen Objekten zu Hilfe nehmen, die Distributionen. Speziell ist die Fourier-Transformierte einer Sinus-Funktion mit Eigenfrequenz die Summe zweier Delta-Distributionen bei
(bzw.
):
.
Diskussion
Um auch nicht-periodische Signale in ihre Frequenzanteile zerlegen zu können, sind wir von der Fourier-Reihe zur Fourier-Transformation übergegangen. In der Fourier-Transformierten können dabei beliebige Frequenzen auftreten.
Allerdings werden dadurch periodische Funktionen mit definierten Eigenfrequenzen problematisch. Es ist natürlich etwas unphysikalisch, sich mit Signalen zu beschäftigen, die von bis
dauern. Irgendwann werden sie ein- und auch wieder ausgeschaltet (und dann nicht ganz so abrupt wie in Abb. 4). Dann ist die Fourier-Transformierte wieder eine Funktion mit mehr oder weniger breiten Peaks um die Eigenfrequenzen herum.
Andererseits ist es natürlich etwas unbefriedigend, wenn eine so einfache Funktion wie keine einfache Fourier-Transformierte hat.
Ein ähnliches Problem haben prinzipiell alle Signale, die für nicht schnell genug gegen 0 gehen.
Weiter in Teil 9.