In Teil 1 und Teil 4 haben wir verschiedene geometrische Darstellungen von komplexen Zahlen kennengelernt und auch, wie man damit Rechnungen »konstruktiv« durchführen kann.
In Teil 3 haben wir uns mit den verschiedene algebraische Darstellungen beschäftigt. Jetzt ist es an der Zeit mit den komplexen Zahlen in kartesischer Darstellung schriftlich zu rechnen.
Addition/Subtraktion
Die Addition erfolgt durch paralleles Verschieben eines Pfeils ans Ende des anderen (s. Abb. 1). Dadurch werden in Richtung der beiden Achsen einfach die Komponenten addiert:
.

Das zu additiv Inverse ist
. Die Subtraktion
wird damit zur Addition
.
Bei der komplexen Addition bzw. Subtraktion werden also einfach die Real- bzw. Imaginärteile getrennt voneinander addiert bzw. subtrahiert.
Multiplikation
Zur Berechnung des Produkts zweier komplexer Zahlen
tun wir so, als würden wir zwei Klammerterme ausmultiplizieren:
.
Jetzt verwenden wir und erhalten
.
Hat diese komische Mischung der Real- und Imaginärteile von und
aber tatsächlich die Eigenschaften, die wir in Teil 1 für die Multiplikation gefunden haben? Ist die Länge des Produkts gleich der Länge von
mal der Länge von
? Und werden die Winkel tatsächlich addiert?
Zunächst sei einfach eine reelle Zahl. Dann gilt
.
Für ist der Winkel
und sowohl Real- wie Imaginärteil von
werden mit derselben positiven Zahl multipliziert. Das bedeutet, dass auch die Länge von
mit
multipliziert wird. Außerdem zeigt
in dieselbe Richtung wie
(s. Abb. 2). Für
ist
, und Real- und Imaginärteil von
werden mit derselben negativen Zahl multipliziert. Die Länge von
ändert sich daher um den Faktor
und die Richtung dreht sich um. Die Multiplikation reeller mit komplexen Zahlen tut also genau das, was wir uns von der Multiplikation der entsprechenden Pfeile erwarten.

Multipliziert man mit
, erhält man
.
Der Realteil von
wird also zum Imaginärteil von
und der Imaginärteil
wird zum negativen Realteil von
. Diese Vertauschung ist genau das, was man sich von einer Drehung um 90° erwartet (Kästchenzählen in Abb. 3). Die Länge bleibt bei dieser Drehung unverändert, also
.

Für einen beliebigen Pfeil kann man das Produkt aufgrund des Distributivgesetzes aufteilen in
,
also in einen Pfeil parallel zu plus einen senkrecht dazu (s. Abb. 4). Weil
ist, ist das grüne Dreieck um den Faktor
größer als das blaue. Für seine Hypotenuse gilt daher
. Außerdem findet sich der Winkel
aus dem blauen Dreieck auch im grünen wieder. Offensichtlich werden
und
für den Gesamtwinkel addiert.

Erstaunlicherweise reicht alleine die Forderung schon aus, dass bei der Multiplikation beliebiger Pfeile deren Winkel addiert werden. Und es ist tatsächlich eine von uns gewollte Forderung, die zu den gewohnten Rechenregeln dazukommt.
multiplikativ Inverses und Division
Zu jedem muss es ein multiplikativ Inverses
geben, so dass
ist. Wie sehen Real- und Imaginärteil von diesem aus? Es muss gelten
Weil komplexe Zahlen dann gleich sind, wenn ihre Real- und Imaginärteile übereinstimmen, führt uns das auf das lineare Gleichungssystem
für und
. Für
hat es die eindeutige Lösung
und
bzw.
.
Der Nenner ist dabei das Quadrat der Länge von :
. Der Zähler ist die zu
konjugiert komplexe Zahl
wo nur das Vorzeichen des Imaginärteils umgedreht wurde. Insgesamt hat man damit
bzw.
.
Für die Division komplexer Zahlen ergibt sich schließlich
.
Zu dieser Formel kommt man auch, wenn man den Bruch mit dem konjugiert Komplexen von erweitert:
.
Weiter in Teil 6.